VERMÖGEN
Bundestag 1990 – 1992
Wie ging es nach der Herstellung der deutschen Einheit hinsichtlich der Rückgabe von unrechtmäßig erworbenem Parteivermögen weiter? Wie wurde über die Arbeit der Treuhandanstalt im Bundestag debattiert und was unternahm das Parlament, um die Machenschaften des Bereichs „Kommerzielle Koordinierung“ aufzudecken?
Der Umgang mit den Vermögen der SED und der Blockparteien
Ein Grundprinzip einer funktionierenden Parteiendemokratie ist die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb. Im Laufe ihrer Existenz hatte die SED auf unrechtmäßige Art und Weise ein Milliardenvermögen angehäuft und ihre Rechtsnachfolgerin, die PDS, war daher gegenüber anderen Parteien im Vorteil. Unter rechtsstaatlichen Bedingungen war es anderen Parteien nicht möglich, ein so großes Vermögen aufzubauen. Dies betraf insbesondere Parteien, die sich erst im Herbst 1989 gründen konnten, wie beispielsweise die Sozialdemokratische Partei in der DDR, denn auch die früheren Blockparteien, etwa die Ost-CDU oder die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), hatten unrechtmäßig Vermögen angehäuft.
Aus diesem Grund wurde noch vor Herstellung der deutschen Einheit durch die demokratisch gewählte DDR-Regierung unter Lothar de Maizière eine Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen gegründet. Die Kommission stellte die Vermögenswerte der SED-Nachfolgepartei und der Blockparteien zum 1. Juni 1990 unter treuhänderische Verwaltung. Als Rechtsgrundlage wurde das Parteiengesetz der DDR geändert, wie es die freigewählte Volkskammer am 31. Mai 1990 beschlossen hatte. Diese Gesetzesänderung wurde mit dem Einigungsvertrag Bundesrecht und galt weiter für das vereinte Deutschland.
Aufgabe der Kommission war es, das unrechtmäßige Vermögen der Parteien und Massenorganisationen zum Stichtag des 7. Oktober 1989 zu ermitteln und mithilfe der Treuhandanstalt abzuwickeln. Grundlage dazu war die Mitarbeit der entsprechenden Parteien, die angehalten waren, ihre Finanzen der Kommission offenzulegen. Das so ermittelte unrechtmäßige Vermögen sollte, sofern keine ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer ermittelt werden konnten, dem Aufbau der neuen Bundesländer zugutekommen.
Die PDS, die durch die Übernahme des SED-Vermögens mit Abstand am meisten unrechtmäßig erworbenes Vermögen übernommen hatte, willigte offiziell in die Kooperation mit der Unabhängigen Kommission ein. Sie hatte auch vor der freien Volkskammerwahl auf 3 Milliarden DM verzichtet (was nur ein Bruchteil des Unrechtsvermögens ausmachte). Doch immer wieder wurden Verschleppungen und Verschleierungen des Vermögens – etwa mittels dubioser Firmen im Ausland – durch die Ermittlungsbehörden aufgedeckt.
Insbesondere letzterer Aspekt beschäftigte den Bundestag nach Herstellung der deutschen Einheit. Im Oktober 1990 fanden Ermittlungen des Bundeskriminalamts gegen die PDS statt. Diese hatte im Vorfeld 107 Millionen an eine Moskauer Firma namens PUTNIK überwiesen, um angebliche Altschulden zu begleichen. Tatsächlich diente der Vorgang jedoch der Sicherung des ehemaligen SED-Vermögens durch die PDS.
Ende Oktober wurde darüber im Bundestag debattiert. Die SPD hatte eine Aktuelle Stunde einberufen. Sie sollte aufklären, welche Maßnahmen die Bundesregierung zur Sicherung der im Einigungsvertrag beschlossenen treuhänderischen Unterstellung der Vermögenswerte der SED/PDS und der ehemaligen Blockparteien ergriffen habe. Anlass zu diesem Vorstoß der SPD waren nicht nur die Berichte in den Medien, dass es hinsichtlich des Vermögens der SED bzw. der PDS zu Schiebereien gekommen sei. Viele Menschen hätten sich, so Herta Däubler-Gmelin (SPD), in Briefen und auf Versammlungen darüber beschwert, dass auch das „in 40 Jahren zusammengeraffte Riesenvermögen“ den Blockparteien noch immer nicht entzogen und das Geld den Menschen in der ehemaligen DDR nicht zugutegekommen sei. Die Volkskammer hätte am 31. Mai 1990 eine Verfügungssperre für alle Vermögen aller alten Blockparteien in der DDR und der mit ihnen verbundenen Massenorganisationen angeordnet. Doch die Regierung de Maizière, die mit der Sicherstellung der Einhaltung beauftragt gewesen sei, habe nichts unternommen. Die SPD forderte Transparenz über den Verbleib der Gelder.
Die Fraktion der CDU/CSU teilte die Empörung über die durch die PDS verschobenen Millionen, diese sollten laut CDU-Generalsekretär Volker Rühe besser in eine Stiftung für die Opfer des Stalinismus eingezahlt werden. Die Ost-CDU jedoch habe fristgerecht ihr gesamtes Vermögen bei der Treuhandverwaltung gemeldet. Die CDU werde wie im Einigungsvertrag vorgesehen für die Ost-CDU zum Stichtag 1. Oktober 1990 eine Schlussbilanz und eine Eröffnungsbilanz mit Testat eines Wirtschaftsprüfers vorlegen, aus der sich die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse ergeben sollten. Diese Bilanz werde am 1. November vorgelegt. Der Schatzmeister der CDU werde darüber hinaus zum 1. Dezember eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass im Wahlkampf kein Vermögen der ehemaligen Ost-CDU eingesetzt worden sei.
Gregor Gysi (PDS) beteuerte in seiner Rede, dass seine Partei alles getan habe, um die Aufklärung hinsichtlich des unrechtmäßig erworbenen Vermögens voranzutreiben. Sie sei darüber hinaus die einzige Partei gewesen, die bereits Anfang 1990 einen Teil ihres Vermögens für gemeinnützige Zwecke abgegeben habe. Der größte Teil der Parteibetriebe sei bis zum 31. März 1990 abgegeben worden. Durch diese Privatisierungen sei der PDS kein Geld zugeflossen, sondern dieses sei an gemeinnützige Zwecke gegangen. Der Unabhängigen Kommission sei auch ein Bericht über die Immobilien der PDS mit Buchwert zum 30. Juni 1990 übergeben worden. Die PDS habe große finanzielle Lasten zu tragen, so seien etwa 40.000 ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SED entlassen worden. Für einen großen Teil dieser Personen müsse Überbrückungsgeld gezahlt werden.
Die FDP erklärte, dass die Äußerungen der SPD lediglich Unterstellungen seien. Wolfgang Lüder (FDP) bot an, alle Unterlagen offenzulegen. Im Gegensatz zur PDS habe die FDP alle Vereinbarungen des Einigungsvertrags eingehalten. Das gesamte Vermögen sei vertragsgemäß gesondert aufgeführt und unter die Kontrolle des Regierungsbeauftragten und der Treuhand gestellt worden.
Vonseiten der Bundesregierung wurde der PDS vorgeworfen, 103 Millionen DM ohne Absprache mit der Unabhängigen Kommission auf andere Konten verschoben zu haben. Dieser Rechtsbruch müsse geahndet werden. Die Treuhand habe bereits einen einstweiligen Arrest bewirkt und die Gelder damit festgesetzt. Die Bundesregierung werde alles tun, um die Aufklärung der Ursprünge der Parteivermögen zu unterstützen, in den wenigen Wochen ihrer Zuständigkeit konnte sie jedoch noch nicht viel erreichen.
Die Aktuelle Kamera berichtet am 24.10.1990 über Debatte im Bundestag zum SED-Parteivermögen.
Quelle: Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
Ein Polizist betritt mit Pappkartons für Beweismaterial am Abend des 26.10.1990 die Zentrale der PDS in Berlin. Neben der Tür hängt ein Plakat mit der Aufforderung „Gysi bleib“. Im Laufe des Tages war der Schatzmeister der PDS, Wolfgang Pohl, festgenommen worden. Gegen ihn wird wegen eines Millionentransfers von PDS-Geldern ins Ausland ermittelt. Der Parteivorsitzende Gregor Gysi bot seinen Rücktritt an, blieb jedoch auf Wunsch der Partei im Amt. Die Büros der PDS waren bereits am 19.10. durchsucht worden.
Gerade einmal sechs Tage später kam es erneut auf Initiative der SPD zu einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Anlass waren abermals Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Vermögenswerte der PDS.
Für die PDS gab der Abgeordnete Fritz Schumann eine Erklärung ab. Demnach seien die Finanzmanipulationen ohne Wissen und Billigung des Parteivorstands durch den ehemaligen stellvertretenden Parteivorsitzenden Wolfgang Pohl und seinen Mitarbeiter Wolfgang Langnitschke entstanden. Sie würden die alleinige Verantwortung tragen. Die Partei setze sich für eine „rückhaltlose vollständige Aufklärung“ ein. Das rechtswidrige Verhalten Einzelner dürfe nicht zu einer Diskriminierung der gesamten Partei oder Mitglieder des Bundestags führen.
Für Ingrid Matthäus-Maier (SPD) stellte die Erklärung Schumanns eine „Zumutung“ dar. Sie warf der PDS vor: „Sie haben von dem alten Unrechtsstaat alles übernommen: das Geld, das Vermögen, das Personal, die Mitglieder; nur eines haben Sie nicht übernommen: die Verantwortung für 40 Jahre Unrecht und Mißwirtschaft. — Das muß endlich einmal auf den Tisch!“ Nicht nur die PDS, sondern auch die CDU und die FDP müssten das unrechtmäßig erworbene Vermögen, das ihnen durch die Übernahme der DDR-Parteien zugefallen war, zurückgeben und für den Aufbau der neuen Bundesländer zur Verfügung stellen. Sie rief die drei Parteien dazu auf, auf das Vermögen freiwillig zu verzichten.
Auch Volker Rühe (CDU/CSU) äußerte Empörung hinsichtlich des Verhaltens der PDS, diese sei ein „Krebsgeschwür der deutschen Demokratie“. Es sei jedoch nicht zulässig, dass die SPD nun die CDU und die FDP in den Skandal rund um die PDS hineinzöge. Die CDU habe sich rechtschaffend verhalten. Sie werde einen Tag später die Eröffnungs- und Schlussbilanz gemäß dem Einigungsvertrag vorlegen. Zusätzlich werde sie ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorlegen, obwohl das gar nicht gesetzlich gefordert sei. Im Übrigen handle es sich, so Rühe, nicht um ein Milliardenvermögen, wie das die SPD gerne behaupte.
Ganz ähnlich positionierte sich Hermann Otto Solms (FDP) in der Debatte. Er empörte sich über die Gleichsetzung der SED mit den Blockparteien seitens der SPD. Die FDP habe am Tag zuvor eine Bilanz vorgelegt. Die Betriebe der beiden Blockparteien LDPD und NDPD, die mit der FDP fusioniert waren, befänden sich in der Privatisierung. Den Erlös erhalte die Treuhand, darauf habe die FDP gar keinen Einfluss mehr. Es werde alles offengelegt und nichts verdeckt.
Wolfgang Ullmann (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) erklärte, dass der Versuch, die PDS-Gelder der Treuhandanstalt zu entziehen, ein „Skandal für die politische Öffentlichkeit, eine Provokation für den Bundestag, dem die Gruppe der PDS angehört, und eine tiefe Gefährdung des vertrauensvollen Miteinanders dieses Parlaments“ sei. Die Glaubwürdigkeit des proklamierten Erneuerungsprozesses der PDS sei stark beschädigt. Das könne sich erst ändern, wenn die Vermögensverhältnisse geklärt würden. Die SED müsse auch ihre Schulden bei der SPD begleichen, die aus dem Zwangszusammenschluss der SPD mit der KPD zur SED im Jahre 1948 rührten. Auch Rühes Aussagen hinsichtlich des Vermögens der ehemaligen Blockparteien, die mit der CDU fusioniert waren, seien unglaubwürdig. Er schlug vor, den Bundespräsidenten zu bitten, eine Expertenkommission einzurichten, die sich den Themen Chancengleichheit und Aufklärung der Parteienvermögen mit der notwendigen Transparenz widmen sollte.
Gregor Gysi (PDS) beteuerte, dass er die Enttäuschung Wolfgang Ullmanns nachvollziehen könne. Auch innerhalb seiner eigenen Partei gebe es die Auffassung, dass das Geschehene ein Skandal sei und den Erneuerungsprozess der Partei beschädige. Es bestehe die Notwendigkeit zu einem „deutlichen Schnitt und zu unverzüglicher Aufklärung“. Zu den Ereignissen hätten die Diskussionen über ein Parteiverbot der PDS geführt, diejenigen, die diese Atmosphäre erzeugt hätten, trügen eine Mitschuld. In der Vergangenheit hätten auch andere Parteien Finanzskandale gehabt, doch nie sei deshalb über ein Parteiverbot diskutiert worden.
Im weiteren Verlauf der Debatte wurden die Darstellungen Gysis von Vertreterinnen und Vertretern der anderen Fraktionen als unglaubwürdig eingestuft. Seitens der CDU/CSU wurde der Vorschlag unterbreitet, statt der Unabhängigen Kommission eine „ordnungsgemäße Behörde“ mit einem Verantwortlichen an der Spitze und parlamentarischer Begleitung ins Leben zu rufen. Die SPD beharrte darauf, dass sich nicht nur die PDS, sondern auch die CDU und die FDP „armrechneten“. Die Vermögen müssten transparent aufgedeckt werden. Unterstützung fand die SPD bei Bündnis 90/DIE GRÜNEN.
Als Vertreter der Bundesregierung beteiligte sich der Parlamentarische Staatssekretär Carl-Dieter Spranger an der Debatte. Er kündigte an, dass die Bundesregierung im Begriff sei, einen „schlagkräftigen Ermittlungsapparat aus im Wirtschafts- und Wirtschaftsstrafrecht erfahrenen Beamten, Staatsanwälten und Verwaltungsjuristen sowie […] Betriebswirten und Wirtschaftsprüfern“ zu schaffen. Diese Einrichtung solle für die Unabhängige Kommission die laufenden Geschäfte führen. Die Kommission selbst solle durch sechs weitere Mitglieder verstärkt werden. Außerdem habe die Bundesregierung die Erstellung einer internen Verfahrensordnung für das Gremium vorangetrieben. Die Bundesregierung verurteile das Verhalten der PDS im Umgang mit den Vermögenswerten der SED „auf das schärfste [sic!]“, die Erklärungen der Abgeordneten Schumann und Gysi seien in einer „beispiellosen Heuchelei“ vorgetragen worden. Die Partei habe gegen geltendes Gesetz verstoßen, inwiefern Straftatbestände vorlägen, werde durch die von der Staatsanwaltschaft einzuleitenden Ermittlungen geklärt werden.
PDS-Vizeparteivorsitzende Wolfgang Pohl
Am 15. November 1990 unterzeichneten der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl und der CDU-Generalsekretär Volker Rühe in Bonn den Verzicht auf das Vermögen der ehemaligen Blockpartei CDU, das sich unter treuhänderischer Verwaltung befand. Des Weiteren verpflichtete sich die CDU, alle Vermögenswerte, wie etwa Grundstücke und Unternehmen, auf die Treuhand zu übertragen. Das Vermögen der ehemaligen Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) war bereits vor Herstellung der deutschen Einheit durch Vereinigung der beiden Parteien auf die Ost-CDU übertragen worden. Flüssiges Vermögen – also Geldmittel – wurde jedoch nicht unter treuhänderische Verwaltung gestellt und somit durch die Verzichtserklärung auch nicht berücksichtigt.
Im Frühjahr 1991 legte die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen einen Zwischenbericht ihrer Tätigkeit vor. Aus ihm ging hervor, dass die Aufgaben der Unabhängigen Kommission und der Treuhand bei der Erfassung, Verwaltung und Zuordnung der Vermögenswerte „umfangreich, schwierig und personalintensiv“ seien und vermutlich auch zeitaufwendig sein werden. Der Zwischenstand ließ bereits erkennen, dass die betroffenen Parteien teilweise Vermögen in „ganz erheblichem Umfang und großer Vielfalt sowohl an Grundbesitz als auch an Betriebsvermögen und an liquiden Mitteln“ besäßen. Der Bericht enthielt die Erläuterung, dass nach dem Einigungsvertrag die Beweislast für einen rechtmäßigen Vermögenserwerb den betroffenen Institutionen auferlegt sei und offene Fragen zu ihren Lasten ausgelegt würden. Ihm war eine Auflistung der Aktivitäten der einzelnen Parteien hinsichtlich der Aufdeckung der Vermögenswerte zu entnehmen.
Die größten Ungereimtheiten seien laut Bericht bei der PDS zu verzeichnen. Teilweise würden geforderte Bilanzen nicht vorliegen oder es seien widersprüchliche Angaben entstanden. Die 107 Mio. DM, die an die sowjetische Firma PUTNIK überwiesen worden seien, seien seit dem 19. Oktober 1990 gesperrt. Der Beweis für diese Überweisung sei durch eine Durchsuchung des Gebäudes der PDS unter Beteiligung von Beraterinnen und Beratern der Unabhängigen Kommission gefunden worden. Darüber hinaus habe die PDS ohne Absprache mit der Kommission große Summen an ihr nahestehende Institutionen gespendet und eine „Abfindung“ an das „Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer e.V.“ gezahlt. Davon habe die Kommission erst nachträglich erfahren, sie missbillige diese Aktionen und fordere Rückzahlung.
Die CDU habe eine Vermögensaufstellung der Ost-CDU sowie der „Vereinigung Organisationseigener Betriebe der CDU“ (VOB Union) geliefert. Sie sei Nachbesserungswünschen der Kommission nachgekommen. Hinweise auf einen Betrag von 32 Millionen DM, der von der Ost-CDU über Dänemark nach Luxemburg verbracht worden sei, konnten durch die Ermittlungen der Kommission nicht bestätigt werden.
Die FDP habe einen Vermögensbericht vorgelegt und Nachbesserungswünsche der Kommission beantwortet. Sie strebe an, das gesamte Vermögen ihrer Rechtvorgängerinnen LDPD und NDPD mit Einschränkungen auf die Treuhandanstalt zu übertragen. Wegen ungeklärter Einzelfragen sei es noch zu keiner vertraglichen Vereinbarung zwischen FDP und Treuhand gekommen.
Erst im Oktober 1991 wurde über den Zwischenbericht im Bundestag debattiert. Von verschiedenen Seiten wurde beklagt, dass man – ein halbes Jahr nach Erstellung des Zwischenberichts – nun über eine veraltete Vorlage debattiere.
Die SPD resümierte, dass bislang wenig geschehen sei, um die Vermögensfrage zu klären. Sie rief die FDP auf, ähnlich wie die CDU, offiziell auf das Vermögen der Blockparteien LDPD und NDPD zu verzichten. Noch immer habe keine der Parteien – also weder die CDU, die FDP noch die PDS – eine Vermögensaufstellung zum Stichtag 7. Oktober 1989 vorgelegt. Dieser Aspekt wurde auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgetragen, verbunden mit der Forderung an die Kommission, einen aktuellen Bericht zu erstellen.
Die FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD waren sich einig, dass grundlegende Fragen, die entscheidend für den weiteren Umgang mit den Parteivermögen seien, noch immer nicht geklärt seien. So etwa eine genaue Definition, was „materiell-rechtsstaatlicher Erwerb“ bedeute. Auf deren Grundlage sollte entschieden werden, was die Parteien behalten und was sie abgeben müssten.
Darüber hinaus vertrat die FDP die Ansicht, dass die Unabhängigkeit der Kommission durch die Beteiligung von Mitgliedern ehemaliger DDR-Parteien und -Organisationen, aber auch unter der von der Bundesregierung ausgeübten Rechtsaufsicht leide. Die Bundesregierung könne so „wesentliche Fragen der Entscheidungskompetenz der Kommission an sich ziehen […], ohne daß wir hier im Bundestag darüber debattieren könnten“.
Die CDU/CSU vertrat die Ansicht, dass es seit Herstellung der deutschen Einheit immerhin gelungen sei, die Unabhängige Kommission personell aufzustocken und mit der notwendigen Ausstattung in eine arbeitsfähige Lage zu versetzen. Die Kommission dürfe mit ihrer „gewaltigen Aufgabe“ nicht alleine gelassen werden, auch der Innenausschuss und die mitberatenden Ausschüsse müssten sich mit dem gesamten komplexen Thema gründlich befassen.
Die PDS/Linke Liste beklagte eine Ungleichbehandlung durch Kommission und Treuhand im Vergleich zu den anderen Parteien.
Vonseiten der Bundesregierung wurde unterstrichen, dass es gelungen sei, die Kommission personell aufzustocken und ihr ein Sekretariat zur Seite zu stellen, das in Berlin die fraglichen Vermögenswerte ermittele und der Kommission Entscheidungsvorschläge zuarbeite. Aktuell sei die Kommission immer noch damit beschäftigt, das Vermögen der Parteien und Massenorganisationen zu ermitteln. Die Zusammenarbeit zwischen Kommission und Parteien gestalte sich leider schwierig aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Parteien. Abschließende Berichte der vom Sekretariat der Kommission beauftragten Wirtschaftsprüfer über das Vermögen der PDS seien nicht vor Ende des Jahres zu erwarten. Bei einem Teil der anderen Institutionen sei in Kürze mit Abschlussberichten zu rechnen. Danach sei die Arbeit der Kommission jedoch noch nicht beendet. Sie werde die Berichte prüfen, bewerten und mit den Ergebnissen ihrer eigenen Ermittlungsarbeit zusammenführen. Dann müsse geklärt werden, welche Vermögenswerte den Parteien und Organisationen wieder überlassen werden sollten. Das seien die Vermögenswerte, die nachweislich nach materiell-rechtsstaatlichen Gesichtspunkten im Sinne des Grundgesetzes erworben worden seien. Die Kommission sei gerade dabei, diese Maßgabe des Einigungsvertrags für die Anwendung im Einzelfall zu konkretisieren. Auch die Ermittlung etwaiger Berechtigter und deren Rechtsnachfolgerinnen und -nachfolger – denen ihr unrechtmäßig entzogenes Vermögen nach dem Einigungsvertrag zurückzugeben sei – gestalte sich schwieriger als gedacht. Das läge beispielsweise am „desolaten Zustand der Grundbücher und anderer Informationsgrundlagen“. Daher konnten bislang nur wenige Rückgabeentscheidungen getroffen werden.
Die Arbeit der Unabhängigen Kommission sollte noch Jahre andauern. Erst 2006 – also in der 16. Wahlperiode des Bundestags – legte sie ihren Abschlussbericht vor und stellte ihre Arbeit ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie Altvermögen der LDPD und NDPD in Höhe von 21 Millionen Euro, Altvermögen der Ost-CDU und DBD in Höhe von 8 Millionen Euro und der Massenorganisationen in Höhe von 370 Millionen Euro sichergestellt. Aus ehemaligen SED-Vermögen wurden 1,2 Milliarden Euro durch die Kommission konfisziert. Vom eingezogenen Geld wurde ca. eine Milliarde Euro für die ostdeutschen Bundesländer eingesetzt, beispielsweise in den Bereichen Wirtschaftsförderung und Tilgung von DDR-Altschulden oder auch Kunst, Kultur und Denkmalpflege. Auch für die Aufarbeitung der SED-Diktatur wurden Mittel zur Verfügung gestellt, die u.a. an die Bundesstiftung Aufarbeitung flossen. Trotz dieses Erfolgs ist davon auszugehen, dass insbesondere ein nicht unbedeutender Teil des Parteivermögens der SED/PDS in das oder über das Ausland verschoben wurde und von der Kommission unentdeckt blieb.
Im Einvernehmen der Unabhängigen Kommission und der Treuhandanstalt wurden bestimmte Vermögensteile der ehemaligen Blockparteien der CDU und FDP überlassen. So etwa die flüssigen Vermögenswerte der Ost-CDU, die der CDU noch nach ihrem Verzicht auf die unter treuhänderischer Verwaltung stehenden Vermögenswerte im November 1990 zur Verfügung standen. Es handelte sich um eine Summe von rund 22,8 Millionen DM. Die Unabhängige Kommission begründete den Verbleib der Geldmittel bei der CDU mit dem Hinweis, dass die CDU damit Altlasten der Ost-CDU beglichen habe. Durch einen Vergleich mit der Unabhängigen Kommission gelang es auch der FDP zwei Grundstücke sowie Geldmittel in Höhe von 4,8 Millionen DM von der LDPD zu übernehmen.
Im Abschlussbericht von 2006 werden als Verdienste der Kommission aufgeführt, dass sie erstens die Vermögensverschiebungen, die sich seit der Umbruchszeit im Osten Deutschlands ereignet hatten, weitestgehend aufdecken und zweitens die Chancengleichheit der politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland wiederherstellen konnte – das wohlgemerkt 16 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit.
Dokumente
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Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission Parteivermögen, DS 12/622, 27.5.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Unterrichtung durch die Bundesregierung: Schlussbericht der Unabhängigen Kommission, DS 16/2466, 24.8.2006. Quelle: Deutscher Bundestag
Der Umgang mit dem volkseigenen Vermögen und die Arbeit der Treuhand
Das von der letzten und freigewählten Volkskammer erlassene Treuhandgesetz galt nach Herstellung der deutschen Einheit durch den Einigungsvertrag mit wenigen Änderungen weiter. Mit Bezug auf den ersten Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vom Mai 1990 regelte der Einigungsvertrag unter Artikel 25, Absatz 6, dass Möglichkeiten vorzusehen seien, Sparerinnen und Sparern zu einem späteren Zeitpunkt ein verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen einzuräumen. Dieser Aspekt war Hintergrund einer Nachfrage der PDS-Abgeordneten Ursula Fischer am 24. Oktober 1990 im Bundestag. Sie fragte die Bundesregierung, was diese unternehme, um den Bürgerinnen und Bürgern der ehemaligen DDR gemäß den Vereinbarungen im Einigungsvertrag Anteilsrechte am ehemaligen volkseigenen Vermögen zu sichern. Darüber hinaus fragte sie nach Termin und Höhe der Ausgabe der Anteilsrechte.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Friedrich Voss entgegnete, dass das volkseigene Vermögen vorrangig für die Strukturanpassung der Wirtschaft und die Sanierung des Staatshaushalts genutzt werde. Erst nach einigen Jahren werde sich abschätzen lassen, welche Vermögenswerte nach Erfüllung der im Staatsvertrag vorrangig genannten Ziele zur Verfügung stünden, um den Sparerinnen und Sparern ein verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen einzuräumen. Auf Rückfrage von Ursula Fischer stellte Voss dar, dass dieser Aspekt auf jeden Fall berücksichtigt werden würde, sobald die beiden genannten Ausgaben beglichen seien. Auf eine weitere Nachfrage des PDS-Abgeordneten Klaus Steinitz, warum das Geld bislang ausschließlich für die Sanierung des Staatshaushalts und nicht für die Sanierung der Betriebe und der Strukturanpassung der Wirtschaft ausgegeben werde, entgegnete Voss, dass beide Ziele gleichrangig verfolgt werden würden, es jedoch Phasen geben könne, in denen ein Ziel vordergründig behandelt werde.
Mit dem Ziel, an den gesetzlichen Bestimmungen des Einigungsvertrags Änderungen vorzunehmen, wurden dann im Februar 1991 von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP erste Entwürfe vorgelegt. Ein Entwurf forderte, ein Gesetz zur „Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen“ zu schaffen. Ein zweiter Entwurf forderte ein Gesetz „über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen“, womit die Aufteilung großer Wirtschaftseinheiten in kleinere wirtschaftlichere Unternehmen ermöglicht werden sollte. Beide Ideen sollten zu einer erleichterten, praktikableren und damit schnelleren Privatisierung der betreffenden Unternehmen führen. Hintergrund waren die Erfahrungen der zurückliegenden Monate, die gezeigt hätten, dass die Umstrukturierung der Wirtschaft in Ostdeutschland durch langsame und bürokratische Verfahren behindert werde.
In der ersten Lesung der beiden Gesetzentwürfe am 21. Februar 1991 wurde von allen Fraktionen und Gruppen Änderungsbedarf der bestehenden gesetzlichen Regelungen geäußert. Bundesjustizminister Klaus Kinkel erklärte in seiner Eingangsrede, dass auch die Bundesregierung bereits ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet habe, das derzeit im Bundesrat beraten werde. Er gestand ein, dass das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ auch dazu geführt habe, dass langwierige Rechtsverfahren eine zügige Investition in die Industrie der ostdeutschen Bundesländer verhindere. Denn investiert werde nicht in unklare Eigentumsverhältnisse. Hinzu käme die immer noch im Aufbau befindliche und noch nicht voll funktionsfähige Verwaltung, die die Umstrukturierung zusätzlich erschwere. Die vorliegenden Entwürfe seien in Absprache mit den neuen Bundesländern, der Treuhandanstalt und Wirtschaftsverbänden entstanden.
Von der SPD wurde der Vorstoß grundsätzlich begrüßt. Herta Däubler-Gmelin schilderte eindrücklich die schwierige soziale Lage in den ostdeutschen Bundesländern. Schnelles Handeln sei hier angebracht. Die vorliegenden Gesetzentwürfe seien aber nicht weitgehend genug. Man müsse stärker vom Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ abweichen, um tatsächlich zu schnelleren Verfahren zu kommen. Die Verfahren seien auch insgesamt zu bürokratisch. Die Gesetzentwürfe seien zu kompliziert formuliert, was zu einer erschwerten Anwendung der Gesetze bzw. einer langen Einarbeitungszeit führen könne. Aus diesem Grund habe die SPD eine Anhörung beantragt, die am 5. März 1991 durchgeführt werden solle. Hier sollten Praktikerinnen und Praktiker zu Wort kommen, die in den ostdeutschen Bundesländern mit den Regelungen arbeiten müssten.
Auch die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP gestanden ein, dass eine Lockerung des Prinzips „Rückgabe vor Entschädigung“ notwendig sei und dass über Formulierungen in den Entwürfen noch weitere Beratungen stattfinden müssten. Es sei wichtig, schnell zu einer Lösung zu kommen.
Kritik am Restitutionsprinzip wurde auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geäußert, die PDS/Linke Liste nutzte ihren Redebeitrag für eine generelle Kritik an der Arbeit der Treuhandanstalt und die Forderung nach einer Neubestimmung des Auftrags der Behörde.
Die Gesetzentwürfe wurden dann an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Zeitgleich hatte die Bundesregierung gleichlautende Gesetzentwürfe beschlossen, die parallel zur Debatte im Bundestag vom Bundesrat beraten wurden.
Bereits Mitte März lagen die Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses vor und es kam zur zweiten und dritten Lesung im Bundestag. In der Debatte wurden größtenteils die Argumente der ersten Lesung wiederholt. Die Sachverständigenanhörung am 5. März 1991 hatte mit großer Deutlichkeit ergeben, dass die dort gehörten Expertinnen und Experten für eine Umkehrung des Prinzips „Rückgabe vor Entschädigung“ votierten. Dadurch sollten Ursachen für Investitionshemmnisse aufgelöst werden. Trotzdem schlug sich diese Forderung nicht in der Ausschussfassung des Gesetzes zur „Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen“ nieder, da die Fraktionen der CDU/CSU und FDP ihrerseits hartnäckig am Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ festhielten. Die SPD-Fraktion legte daher zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs einen Entschließungsantrag vor, der das Prinzip „Entschädigung vor Rückgabe“ forderte. Sie konnte sich damit aber unter den bestehenden Mehrheitsverhältnissen nicht durchsetzen.
Von Vertretern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS/Linken Liste wurde in der Debatte starke Kritik an der Arbeit der Treuhandanstalt geäußert. Die PDS/Linke Liste legte zahlreiche Änderungsanträge vor, die jedoch in der Abstimmung abgelehnt wurden. Sie betrafen in erster Linie die Stärkung der Einflussmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Wolfgang Ullmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erinnerte in seinem Redebeitrag an die ursprüngliche Idee der Treuhandanstalt, die den Bürgerinnen und Bürgern das Volkseigentum der DDR rückübertragen sollte. Wenn dieses Ziel ernstgenommen werden sollte, dann müssten einerseits die ostdeutschen Bundesländer Rechtsnachfolger des ehemaligen DDR-Vermögens werden, andererseits müsste für die Bürgeranteile (die auch vertraglich festgelegt wurden, z.B. in Artikel 25 des Einigungsvertrags) ein abgesonderter Fonds innerhalb des Treuhandvermögen eingerichtet werden, aus dem diese Anteile zu einem späteren Zeitpunkt bedient werden könnten. Zwischen Rückgabe und Entschädigung solle jeweils so entschieden werden, dass beides angewandt werden könne, je nach Erfordernis im Einzelfall.
Die Ausschussfassungen der Gesetzentwürfe wurden dann in der Abstimmung angenommen. Die Stimmen der Opposition konnten sich nicht durchsetzen.
Die Arbeit der Treuhandanstalt war auch in den Monaten darauf bis zum Einsetzen der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ immer wieder Thema und Gegenstand mehrerer Anträge der Opposition. Diese befassten sich hauptsächlich mit der schwierigen sozialen Situation in den ostdeutschen Bundesländern, die durch die Umstrukturierung der Wirtschaft entstanden sei. Durch die schnelle Privatisierung habe – so die Meinung der Opposition – ein Deindustrialisierungsprozess eingesetzt, der zu Massenarbeitslosigkeit und der Verödung ganzer Landstriche geführt habe. Zur Lösung dieses schwierigen Problems wurden von der Opposition verschiedene Ideen formuliert: So forderten Anträge der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beispielsweise, dass die wichtigste Aufgabe der Treuhandanstalt die Sanierung der verwalteten Wirtschaftseinheiten sein sollte, der Bund solle die Altschulden für diese Unternehmen übernehmen und die Arbeitnehmerrechte sollten gestärkt werden. Sie forderten – wie auch die PDS/Linke Liste – eine Überarbeitung des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990.
Weitere wichtige Anliegen der Opposition waren die Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Arbeit der Treuhandanstalt und eine bessere parlamentarische Kontrolle der Behörde, die Einhaltung des im Einigungsvertrag vorgesehenen Anteilsrecht am Treuhandvermögen für ehemalige Bürgerinnen und Bürger der DDR sowie die Unterstellung der Treuhandanstalt unter das Bundeswirtschaftsministerium und nicht wie bisher unter das Bundesfinanzministerium.
Alle geschilderten Vorhaben der Opposition konnten sich in den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag jedoch nicht durchsetzen.
Hinsichtlich der Anteilsrechte am ehemaligen volkseigenen Vermögen – diesem Thema widmete sich besonders intensiv die PDS/Linke Liste – blieb die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, dass das erwirtschaftete Geld zuerst für die Strukturanpassung der Wirtschaft und die Sanierung des Staatshaushalts zu nutzen sei. Zu einem späteren Zeitpunkt könne über die Anteilsrechte nachgedacht werden.
Die Treuhandanstalt beendete am 31. Dezember 1994 offiziell ihre Arbeit. Ihre Abschlussbilanz wies ein Defizit von 260 Milliarden DM auf. Die hohen Kosten für Sanierungen, Altlasten und Sozialpläne konnten durch die Privatisierungserlöse von knapp 60 Milliarden DM nicht ausgeglichen werden. Damit hatte sich auch die Frage nach Anteilsrechten für die ehemaligen Bürgerinnen und Bürger der DDR erübrigt – es wären nichts als Schulden gewesen.
Dokumente
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Gesetzentwurf der CDU/CSU und der FDP: Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung, DS 12/103, 19.2.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Gesetzentwurf der CDU/CSU und der FDP: Entwurf eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen, DS 12/105, 19.2.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses: Entwurf eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhand verwalteten Unternehmen, DS 12/254, 13.3.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses: Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung, DS 12/255, 13.3.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Entschließungsantrag der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung, DS 12/246, 13.3.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Gesetzentwurf der PDS/Linken Liste: Entwurf eines Gesetzes zur Reorganisation und Verwertung des ehemaligen volkseigenen Vermögens, DS 12/552, 8.5.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sanierung und Reorganisation des Treuhandvermögens, DS 12/735, 12.6.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Antrag von Abgeordneten der SPD: Aufgaben der Treuhandanstalt, DS 12/726, 12.6.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Antrag der SPD: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt, DS 12/433, 26.4.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Antrag der SPD: Fach- und Rechtsaufsicht über die Treuhandanstalt, DS 12/618, 24.5.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Große Anfrage der PDS/Linken Liste: Treuhänderische Verwaltung des volkseigenen Vermögens der ehemaligen DDR, DS 12/593, 8.5.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage PDS/Linken Liste: Treuhänderische Verwaltung des volkseigenen Vermögens der ehemaligen DDR, DS 12/1207, 26.9.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
Die Einsetzung des Untersuchungs-
ausschusses „Kommerzielle Koordinierung“
Nach Herstellung der deutschen Einheit gab es einen Bereich, der noch vollends im Dunkeln lag: Die Vermögenswerte des Bereichs „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) des ehemaligen Außenhandelsministeriums der DDR und der ehemaligen Wirtschaftskommission beim Zentralkomitee der SED.
Um Licht in diese Angelegenheit zu bringen, wurde seitens der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD-Bundestagsfraktion im Frühsommer 1991 gefordert, einen Untersuchungsausschuss ins Leben zu rufen. Anlass für den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN waren unter anderem Medienberichte, aus denen hervorging, dass der Verbleib von noch mindestens 22 Milliarden DM aus dem KoKo-Vermögen ungeklärt sei. Darüber hinaus seien Alexander Schalck-Golodkowski, der ehemalige KoKo-Chef, und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KoKo damit beschäftigt, Vermögenswerte in private Hände zu transferieren. Außerdem hätten sich einige von ihnen an der Abwicklung der KoKo-Firmen persönlich bereichert. Die Berliner Justizsenatorin habe zudem die unzureichende Unterstützung der Berliner Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen hinsichtlich des Verbleibs des KoKo-Vermögens durch staatliche Stellen des Bundes beklagt.
Der Untersuchungsausschuss sollte klären, ob mögliche Vermögenstransaktionen mit Wissen und Billigung der Bundesregierung stattfänden und ob es Zusagen staatlicher Stellen des Bundes hinsichtlich einer Straffreiheit für ehemalige KoKo-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gegeben habe oder nicht. Außerdem sollte die Rolle des Arbeitsbereichs „Kommerzielle Koordinierung“ und die seines Leiters Alexander Schalck-Golodkowski innerhalb des SED-Systems aufgearbeitet werden.
Über die Anträge wurde Anfang Juni 1991 beraten. Auch die Koalitionsfraktionen und die PDS/Linke Liste bekundeten grundsätzliches Interesse an der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die CDU/CSU und die FDP legten einen Änderungsantrag vor, der noch weitere Aufgaben des Untersuchungsausschusses formulierte. Die PDS/Linke Liste beantragte, dass alle Fraktionen und Gruppen (also auch sie selbst) im Untersuchungsausschuss Stimmrecht erhalten sollten.
In der Abstimmung wurde der durch die Koalitionsfraktionen geänderte Antrag der SPD angenommen, die Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS/Linken Liste wurden abgelehnt.
Am nächsten Tag, dem 7. Juni 1991, wurde der Untersuchungsausschuss durch die Präsidentin des Bundestags Rita Süssmuth konstituiert. Er legte am 27. Mai 1994 seinen mehr als 1.500 Seiten umfassenden Bericht vor, dem im Laufe des Jahres 1994 noch Ergänzungen folgten.
Der Bericht beleuchtete u.a.
- das Verhältnis der KoKo und ihres Leiters Schalck-Golodkowski zur SED,
- die Verflechtungen zwischen KoKo und dem Ministerium für Staatssicherheit,
- die Organisation und den Aufbau der KoKo,
- einzelne Aktivitäten der KoKo,
- die volkswirtschaftliche Bedeutung der KoKo.
Dem Bericht ist jedoch auch zu entnehmen, dass es insbesondere hinsichtlich des Verbleibs von Vermögenswerten der KoKo weiterhin Unklarheiten gab.
Parallel zur Arbeit des Untersuchungsausschusses widmete sich die im Herbst 1991 gegründete ZERV der strafrechtlichen Aufarbeitung der Wirtschaftskriminalität.
Dokumente
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Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, DS 12/629, 29.5.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Antrag der SPD: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, DS 12/654, 4.6.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Änderungsantrag der CDU/CSU und der FDP zum Antrag der SPD: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, DS 12/662, 4.6.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Änderungsantrag der PDS/Linken Liste zum Antrag der SPD: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, DS 12/686, 6.6.1991. Quelle: Deutscher Bundestag
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Bericht des Untersuchungsausschusses „Kommerzielle Koordinierung“, DS 12/7600, 27.5.1994. Quelle: Deutscher Bundestag
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